Schlaganfall für Fortgeschrittene

Gabo

Vielen Dank Gabo, dass Sie uns einige Fragen zu Ihrem Engagement für Schlaganfall-Betroffene  beantworten. Sie sind Künstlerin, Kunsttherapeutin und Heilpraktikerin für Psychotherapie. Inwiefern hat dieser Dreiklang Ihre Beschäftigung mit dem eigenen Schlaganfall beeinflusst?

Die Malerin in mir gab mir die Möglichkeit an die Hand, auszudrücken, was mir durch meinen Schlaganfall geschehen ist. Oft konnte ich meine seltsamen Wahrnehmungen kaum einordnen – und die humorvolle Zeichnung ist ein wunderbares Mittel, die eigenen Emotionen zu befreien, um so  langsam Klarheit und einen Überblick zu schaffen. Die psychotherapeutische Heilpraktikerin in mir ist ein wunderbares und hilfreiches Geschenk für mich – sie gab und gibt mir die Möglichkeit meinen Blickwinkel zu erweitern, meine Emotionen zu verstehen und auch die Phasen der Krankheitsbewältigung, die ich durchlief. Nicht zuletzt kann ich so auch anderen Therapeuten auf die Finger schauen und merke, was fehlt oder verbessert werden kann. Es entstehen weiterführende Ideen für eine gelingende Rehabilitation.

Ihr Buch „Als mich der Schlag traf“ ist Anfang des Jahres in der 2. Auflage erschienen. Das Buch ist inhaltlich stark erweitert und präsentiert sich auch mit einem ganz neuen Coverbild. Können Sie uns schildern, was sich bei Ihnen als Betroffene zwischen der 1. und der 2. Auflage verändert hat?

Das erste Buch beschreibt die akute Zeit nach einem Schlaganfall, etwa das erste Jahr. Den Schock, die Hilflosigkeit, die schulmedizinischen Ersttherapien, die uns Betroffene zunächst einmal wieder auf die eigenen Füße stellen. Danach folgen natürlich bei mir und bei uns allen weitere Jahre, mehr Überblick, ein stärkeres Bewusstsein dafür, was uns hilft und was schnell und effektiv wirkt, und was an Therapien und Ideen erschwinglich ist und sinnvoll. Die aktuellen Lebensthemen treten wieder in den Vordergrund, das Gefühl von Fremdsteuerung nimmt ab. Es geht Schritt für Schritt hinein ins neue Leben, mit Veränderungen, die interessanterweise auch angenehm sein können.

Diesen „fortgeschrittenen“ Zeitraum nach einem Schlaganfall, die Nachsorge, scheint mir ein sehr vernachlässigtes Thema zu sein – ist aber ungeheuer wichtig, damit keine Stagnation oder Rückschritte in der Rehabilitation entstehen. Genau darüber will ich weiter informieren, durch meine eigenen Erfahrungen, durch all das, was ich gelernt habe und was mir begegnet ist.

Die Autorinnen und Autoren der Buchbeiträge sind allesamt Experten, die mit dem Thema Schlaganfall bzw. mit Schlaganfall-Patienten zu tun haben. Wie sind Sie an sie rangekommen?

Die meisten von ihnen habe ich auf meinem Weg kennengelernt und sie wegen ihrer Erfahrung, ihrer einfühlsamen Arbeit mit Patienten und ihrer Kompetenz angesprochen. Dann gab es aber auch noch Methoden, von denen ich hörte. Dazu habe ich die besten  Lehrer/Trainer/Wissenschaftler in Deutschland gesucht und gefunden. Sie alle haben für dieses Buchprojekt eine in Laiensprache gut verständliche Arbeit geschrieben.

Ein großes Thema des Ratgebers ist die Frage der Motivation bzw. der Eigenmotivation. Was würden Sie sagen, woher Sie persönlich am meisten Kraft schöpften und noch schöpfen, um das erforderliche Training nach Ihrem Schlaganfall kontinuierlich weiterzuführen?

Ich mag meinen Körper auf eine natürliche Art sehr gerne und möchte ihm immer das Beste zukommen lassen. Es ist eine Selbstverständlichkeit für mich, an ihm zu arbeiten und ihn zu trainieren. Eine gewisse Zähigkeit ist wohl auch genetisch vorhanden. Aber es gab auch konkrete Erlebnisse während meiner Reha-Zeit: Nach ca. 4 Wochen begegnete mir in der Reha ein Mann, der schon zum 2. Mal dort war. Er hatte mich am Frühstückstisch beobachtet und gesehen, dass ich mit meiner linken Hand völlig hilflos gar nichts machen konnte. Er zeigte mir seine Hand, die wohl vor Jahren genauso betroffen war, und er bewegte sie in alle Richtungen. Das gab mir Mut und spornte mich an intensiv weiterzuüben. Nach Monaten dann hörte ich von der Neuroplastizität, der Fähigkeit des Gehirns sich auf neu gelernte Bewegungen einzulassen. Ab da gab es für mich kein Halten mehr! Hoch motiviert und neugierig ging ich vorwärts.

Eine letzte Frage: Was möchten Sie Mitbetroffenen mit auf den Weg geben? Was finden Sie besonders wichtig?

Glauben Sie immer an die Heilung und üben Sie dort, wo es Ihnen Spaß macht und sinnvoll erscheint – z. B. beim Hobby, bei alten Leidenschaften. Lassen Sie sich nie entmutigen – das Gehirn ist ein Wunderwerk und zu neuen Lernprozessen fähig! Wenn Sie es schaffen, den Schlaganfall anzunehmen, wird es leichter die Selbstheilungskräfte zu mobilisieren, entspannter in Ihr neues Leben hineinzugehen, stressfreier und ruhiger voranzukommen!
 
Besuchen Sie die Autorin auch auf ihrem Schlaganfall Portal:

www.schlaganfall-ratgeber.info


Buchinfos zu "Als mich der Schlag traf" – herausgegeben und illustriert von Gabo